Hideharu Onuma (1910 - 20.2.1990)

9. Dan Hanshi (Kyudo-Meister)

Onuma Sensei praktizierte Kyudo während mehr als 65 Jahren, seit seinem siebten Lebensjahr. Er ist die 15. Generation der HEKI RYU SEKA HA Kyudo-Schule, die von seinem Vater, der Kyudo-Meister war, gelehrt wurde. Die OGASAWARA Kyudo-Schule des zeremoniellen Kyudo lernte er ebenfalls. Auch war er ein erfolgreicher Bogenschütze des westlichen Stils, den er 40 Jahre praktizierte. Er hat das westliche Bogenschiessen in Japan eingeführt. 

Auszug aus einem Interview mit Onuma Sensei anlässlich einer Einladung der japanischen Gesellschaft für Kampfkünste.

Ursprünglich war der japanische Bogen (YUMI) nicht für Zeremonien bestimmt. Er war, wie alle Bögen, eine Waffe. Vor ungefähr 600 Jahren wurde das Bogenschiessen vor allem zu Weitschüssen während den Schlachten eingesetzt. Die Schützen schossen in Gruppen und liessen im hohen Bogen Pfeile auf den Feind hinunterregnen. Mit der Zeit änderte sich die Art der Kriegsführung und der Bogenschütze musste mehr Präzision beim Schiessen entwickeln

HEKI RYU-Stil war für den Kampf: Technik und Genauigkeit waren von äusserster Wichtigkeit.

OGASAWARA RYU-Stil ist die Tradition der formellen Zeremonie:
Er ist ein hoch verfeinerter und ritualisierter Stil des Bogenschiessens, vergleichbar mit SADO (japanische Teezeremonie).

Alle Schulen lernen, dass die höchste Schule "keine Schule" ist. Es gibt viele Wege die zum Gipfel führen, jedoch der Gipfel selbst ist "keine Schule". Dies ist, was wir heute "KYUDO" nennen. Im "keine Schule" KYUDO sagen wir:
"Handle im Einklang mit der Zeit und dem Ort".

Heute ist Kyudo mehr als Technik oder Zeremonie. Kyudo muss eine höhere Zielsetzung haben.
Der KYUDOKA (Bogenschütze) übt aus Gesundheitsgründen und um seinen Charakter und seine Persönlichkeit zu entwickeln. Sein Ziel ist es, Reinheit und Wahrhaftigkeit in seinem Geist und seiner Kunst zu kultivieren. Er beginnt seine KYUDO-Studien mit wacher Aufmerksamkeit . Viele vorzügliche Qualitäten werden dadurch entwickelt wie etwa: Wahrheit, Seelenstärke, Bescheidenheit, Harmonie, Ehrlichkeit und Selbstbeherrschung. Dies soll sich in den Bewegungen des KYUDOKA wiederspiegeln. Deshalb üben wir KYUDO in der heutigen Form.

KYUDO wurde "stehendes ZEN" genannt.
Dies bedeutet, dass auf der höchsten Ebene des Schiessens der Übende seinen Geist von allen verbalen Gedanken befreien muss. Sein Schiessen ist rein. Er denkt nicht an die Technik und auch vollführt er nicht nur einige rituelle Bewegungen. Die Reinheit und Schönheit seines Schiessens, die Güte seines Herzens und die Edelkeit seines Charakters werden für den Zuschauer offensichtlich. Diese Eigenschaften werden vermittelt ohne ein Wort zu äussern.

Die richtige Form: Es ist sehr wichtig aufrecht zu stehen. Kopf und Wirbelsäule müssen gerade sein, als ob sie von oben an einem Faden aufgehängt wären. Die Hüften, die Schultern und der Pfeil müssen in einer geraden Linie zum Ziel stehen. Es gibt auch viele wichtige Kreuz-Verbindungen: Hüfte und Rückgrat, Schultern und Nacken, Bogen und Pfeil, Bogenhand und Bogen, usw. Aber, obwohl gerade Linien im Kyudo wichtig sind, muss das Schiessen rund erscheinen. Dazu muss der Körper weich und mit Geist/Energie gefüllt sein. Die Energie beginnt im HARA (Bauchgegend unterhalb des Nabels) und fliesst von dort in alle Richtungen nach aussen. Dies ist die Haltung der Wachsamkeit.

Um einen korrekten Schuss im KYUDO zu erreichen, muss der Zustand der Leere (MUGA NO KYOCHI) erreicht werden:
In diesem Zustand nimmt der Geist alles wahr. Er wird jedoch weder gestört noch von seinem Ziel abgelenkt. Wenn eine Nadel zu Boden fällt, wird der KYUDOKA es bemerken, aber nicht einmal ein Donnerschlag kann seine Bewegungen beeinflussen. Das Herz und der Geist sind rein und ruhig. Viele Anfänger verwechseln dies mit dem Zustand des Vertieftseins (MUGA MUCHU): Der Schütze ist so in das Schiessen und das Treffen der Scheibe vertieft, dass er alles andere um sich herum nicht mehr wahrnimmt.

All diese Überlegungen trennen KYUDO vom Sport. Im KYUDO, wenn die Form gut war und das Zentrum der Scheibe getroffen wurde, dürfen sie nicht versuchen, diesen Schuss zu wiederholen. Jeder Pfeil muss neu sein. Jedes Mal wenn sie schiessen, soll der Schuss besser als der vorangegangene sein. KYUDO ist eine endlose Anstrengung (Bemühung) seine Form zu verbessern.

Um etwas zu erlernen müssen wir immer zuerst Techniken studieren.
KYUDO macht keine Ausnahme. Wir lernen sie, bis sie uns ins Blut übergegangen sind. Danach vergessen wir sie. Wenn wir schiessen, schiessen wir natürlich .... ohne an die Technik zu denken.

Es gibt drei Arten des Treffens:
1. TOTEKI:    Treffen des Ziels ohne eine Form zu beachten. Dies ist die Art des Sportschützen.
2. KANTEKI:  Die Scheibe wird durchlöchert (getötet). Dies ist die Art des Kriegers.
3. ZAITEKI:    Der Pfeil existiert im Ziel, bevor er den Bogen verlässt. Der Schütze ist gefüllt mit Geist und Energie. Seine Form ist rund, sein Herz und Geist ist rein und ruhig. Dies ist richtiges Schiessen. Dies ist japanisches KYUDO.

Nachdem sie all dies gehört haben denken sie vielleicht, KYUDO ist sehr schwierig. Aber es gibt nur acht Schritte Schiesstechnik (HASSETSU) an welche man sich erinnern muss. Das wichtigste dabei ist aufrecht zu stehen, aufmerksam die Kreuz-Verbindungen zu beachten, den Körper weich und rund zu halten und mit Geist und Energie zu schiessen.

Zusammenfassend bitte ich sie, nicht zu denken, KYUDO sei etwas Kompliziertes oder Unlernbares. Sehen sie KYUDO als eine einfache Kunst, welche nur ein gutes Herz, die Entschlossenheit und den Wunsch beinhaltet, all das zu werden, was ein Menschenleben sein kann.

(1993 übersetzt durch den SKV/AHK, 2006 Auszug und Überarbeitung durch Kyudo Bern)


Folgende Bücher sind erschienen von Dan de Prospero mit Onuma Sensei:
"Illuminated Spirit" "Conversation with a Kyudo Master" von Dan and Jackie DeProspero
ISBN:  978-1-56836-511-4 (in englischer Sprache)

"Kyudo" "The Essence and Practice of Japanese Archery" von Hideharu Onuma mit Dan und Jackie DeProspero
ISBN:  978-I-890536-II-4 (in englischer Sprache)


Kyudo in der Praxis

Wer den Weg des Bogens "KYUDO" gehen möchte, braucht Geduld und Ausdauer. Dabei wird eine Reise in die Mitte beginnen, die faszinierend aber auch herausfordernd ist. Immer wieder werden persönliche Grenzen erreicht, wo die Entscheidung getroffen werden kann, sie zu überwinden. Dies geschieht durch Bewegungsabläufe, die der Körper wahrnimmt und die stets verfeinert werden. Die Bewegungen und Techniken werden voller Vitalität, Harmonie und Entspannung ausgeführt. Damit wird die Entwicklung des Körpers, der inneren Energie und des Geistes gefördert. Der Aspekt der Harmonie ist im KYUDO sehr wichtig. Der KYUDOKA übt in Gruppen. Dabei sind Respekt, Höflichkeit und Aufmerksamkeit wichtige Voraussetzungen für ein erfolgreiches Training. Möchten sie KYUDO in der Praxis kennen lernen?  Anfängertraining interessiert?
 

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